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Trдgt man uns argen Willen, so wird es besser abgewandt. (1525)
So mag sich auch Kriemhilde bereiten nicht dazu,
Dass uns nach ihrem Rate jemand Schaden tu;
Will sie es doch versuchen, so kommt sie ьbel an:
Wir fьhren zu den Heunen so manchen auserwдhlten Mann.” (1526)
Die Sдttel und die Schilde und all ihr Rьstgewand,
Das sie fьhren wollten in Kцnig Etzels Land,
War nun wohlbereitet fьr manchen kьhnen Mann.
Die Boten Kriemhildens lud man zu Gunthern heran. (1527)
Als die Boten kamen, sprach Degen Gernot:
“Der Kцnig will leisten was Etzel uns entbot.
Wir wollen gerne kommen zu seiner Lustbarkeit
Und unsre Schwester sehen: Dass ihr des auЯer Zweifel seid.” (1528)
Da sprach Kцnig Gunther: “Wisst ihr uns zu sagen
Wann das Fest beginne? Oder zu welchen Tagen
Wir erwartet werden?” Da sprach Schwemmelein:
“Zur nдchsten Sonnenwende, da soll es in Wahrheit sein.” (1529)
Der Kцnig erlaubte, das war noch nicht geschehn,
Wenn sie Frau Brunhilden wьnschten noch zu sehn,
Dass sie mit seinem Willen sprдchen bei ihr an.
Dem widerstrebte Volker: Da war ihr Liebes getan. (1530)
“Es ist meine Grau Brunhilde nun nicht so wohlgemut,
Dass ihr sie schauen kцnntet,” sprach der Ritter gut,
“Wartet bis Morgen, so lдsst man sie euch sehn.”
Sie wдhnten sie zu schauen, da konnt es doch nicht geschehn. (1531)
Da lieЯ der reiche Kцnig, er war den Boten hold,
In seiner hohen Milde von seinem roten Gold
Auf breiten Schilden bringen: Wohl war er reich daran;
Auch boten seine Freunde ihnen groЯe Gaben an. (1532)
Geiselher und Gernot, Gere und Ortewein,
Wie sie milde waren, das leuchtete wohl ein:
So reiche Gaben boten sie den Boten an,
Dass sie's vor ihrem Herren nicht getrauten zu empfahn. (1533)
Da sprach zu dem Kцnige der Bote Schwemmelein:
“Herr Kцnig, lasst die Gaben nur hier im Lande sein.
Wir kцnnens nicht verfьhren, weil uns der Herr verbot,
Dass wir Geschenke nдhmen: Auch tut es uns wenig Not.” (1534)
Da ward der Vogt vom Rheine darьber ungemut,
Dass sie verschmдhen wollten so reichen Kцnigs Gut.
Da mussten sie empfahen sein Gold und sein Gewand
Und es mit sich fьhren heim in Kцnig Etzels Land. (1535)
Sie wollten Ute schauen vor ihrer Wiederkehr
Die Spielleute brachte der junge Geiselher
Zu Uten seiner Mutter; sie entbot der Kцnigin,
Wenn man ihr Ehre biete, es sei ihr hoher Gewinn. (1536)
Da lieЯ die Kцnigswitwe ihre Borten und ihr Gold
Verteilen um Kriemhildens, denn der war sie hold,
Und Kцnig Etzels Willen an das Botenpaar.
Sie mochtens wohl empfahn: Getreulich bot sie es dar. (1537)
Nun hatten sich beurlaubt die beiden Boten gut
Von Mдnnern und von Frauen. Sie fuhren wohlgemut
Bis zum Schwabenlande: Dahin lieЯ Gerenot
Seine Degen sie begleiten, dass sie nirgend litten Not. (1538)
Als die von ihnen schieden, die sie sollten pflegen,
Gab ihnen Etzels Herrschaft Frieden auf den Wegen,
Dass ihnen niemand raubte ihr Ross noch ihr Gewand:
Sie ritten sehr in eile heim in Kцnig Etzels Land. (1539)
Wo sie Freunde fanden, da machten sie es kund,
In wenig Tagen kдmen die Helden von Burgund
Vom Rheine hergezogen in der Heunen Land:
Pilgerin dem Bischof ward auch die Mдre bekannt. (1540)
Als sie vor Bechlaren die StraЯe niederzogen,
Da ward auch um die Mдre Rьdger nicht betrogen,
Noch Frau Gotelinde, die Markgrдfin hehr:
Dass sie sie schauen sollte, des freute diese sich sehr. (1541)
Die Spielleute spornten die Rosse mдchtig an.
Sie fanden Kцnig Etzeln in seiner Stadt zu Gran.
GrьЯe ьber GrьЯe, die man ihm her entbot,
Brachten sie dem Kцnige: Vor Liebe ward er freudenrot. (1542)
Als da Kriemhilden die Mдre ward bekannt,
Dass ihre Brьder wollten kommen in ihr Land,
Da ward ihr wohl zu Mute: Sie gab den Boten Lohn
Mit reichlichen Geschenken; sie hatte Ehre davon. (1543)
Sie sprach: “Nun sagt mir beide, Werbel und Schwemmelein,
Wer will von meinen Freunden bei dem Hofgelage sein,
Von den Besten, die wir luden hieher in dieses Land?
Sagt, was sprach Hagen, als ihm die Mдre ward bekannt?” (1544)
“Er kam zu ihrem Rate an einem Morgen fruh;
Wenig gute Sprьche redet' er dazu,
Als sie die Fahrt beschlossen nach dem Heunenland:
Die hat der grimme Hagen die Todesreise genannt. (1545)
Es kommen eure Brьder, die Kцnge alle drei
In herrlichem Mute. Wer mehr mit ihnen sei,
Darьber ich des weitern euch nicht bescheiden kann;
Es will mit ihnen kommen Volker auch, der Fiedelmann.” (1546)
“Des mag ich leicht entbehren,” sprach die Kцnigin,
“Will der Degen Volker zum dem Hofgelage ziehn;
Hagen bin ich gewogen, der ist ein Degen gut:
Dass wir ihn schauen sollen, des hab ich frцhlichen Mut.” (1547)
Hin ging die Kцnigstochter wo sie den Kцnig sah.
Wie sprach mit holden Worten Frau Kriemhilde da:
“Wie gefallen euch die Mдren, viel lieber Herre mein?
Wes mich je verlangte, das soll nun bald vollendet sein.” (1548)
“Dein Will ist meine Freude:”, der Kцnig sprach da so,
“Ich wдr der eignen Freunde nicht so von Herzen froh,
Wenn sie kommen sollten hieher in unser Land:
Durch deiner Freunde Liebe viel meiner Sorge verschwand.” (1549)
Des Kцnigs Amtleute befahlen ьberall
Mit Sitzen zu erfьllen Pallas und Saal
Fьr die lieben Gдste, die da sollten kommen.
Durch die ward bald dem Kцnig die hohe Freude benommen. (1550)
25. Abenteuer
Wie die Herren alle zu den Heunen fuhren
Wie man dort gebahrte vernahmt ihr nun genug.
Wohl kamen nie gefahren in solchem stolzen Zug
So viel beherzte Degen in eines Kцnigs Land;
Sie hatten was sie wollten, beides, Waffen und Gewand. (1551)
Der Vogt von dem Rheine erhob aus seinem Bann
Der Degen tausend sechzig, so ward uns kundgetan,
Und neuntausend Knechte zu dem Hofgelag;
Die sie zu Hause lieЯen beweinten es wohl hernach. (1552)
Da trug man ihr Gerдte zu Wormes ьbern Hof.
Wohl sprach da von Speyer ein alter Bischof
Zu der schцnen Ute: “Unsre Freunde wollen fahren
Zu dem Hofgelage; mцge Gott sie da bewahren.” (1553)
Da sprach zu ihren Sцhnen Ute die Fraue gut:
“Ihr solltet hier verbleiben, Helden hochgemut;
Mir hat getrдumet heunte von groЯer Angst und Not,
Wie alles das Gevцgel in diesem Lande wдre tot.” (1554)
“Wer sich an Trдume kehret,” sprach dawider Hagen,
“Der weiЯ noch die rechte Kunde nicht zu sagen,
Wie es mцg am Besten um seine Ehre stehn:
Es mag mein Kцnig immer mit Urlaub hin nach Hofe gehn. (1555)
“Wir wollen gerne reiten in Kцnig Etzels Land,
Da mag wohl Kцngen dienen guter Helden Hand,
So wir da schauen sollen Kriemhildens Hochzeit.”
Hagen riet die Reise, doch ward es spдter ihm leid. (1556)
Er hдtt es widerraten, nur dass Gerenot
Mit groЯem Ungestьme ihm Spott entgegenbot.
Er mahnt' ihn an Siegfried, der Kriemhilde Mann,
Er sprach: “Darum steht Hagen die groЯe Reise nicht an.” (1557)
Da sprach von Tronje Hagen: “Nicht Furcht ists, dass ichs tu;
Gebietet ihr es, Helden, so greifet immer zu:
Wohl will ich mit euch reiten in Kцnig Etzels Land.”
Bald ward von ihm verhauen mancher Helm und Schildesrand. (1558)
Die Schiffe standen fertig: Da war gar mancher Mann.
Was sie an Kleidern hatten trug man an Bord heran;
Sie waren sehr beflissen bis zur Abendzeit:
Sie huben sich von Hause bald in hoher Frцhlichkeit. (1559)
Sie bauten ьberm Grase sich Hьtten und Gezelt
Jenseits des Rheines, wo Obdach war bestellt.
Da bat noch zu verweilen Gunthern sein schцnes Weib;
Sei herzte Nachts noch einmal des Mannes waidlichen Leib. (1560)
Flцten und Posaunen erschollen morgens frьh
Den Aufbruch zu verkьnden: da griff man rasch dazu.
Wem Liebes lag im Arme, der kos'te Freundes Leib;
Mit Leide schied bald manche des Kцnigs Etzel Weib. (1561)
Der schцnen Ute Sцhne, die hatten einen Mann,
Der war getreu und bieder; als man die Fahrt begann
Sprach er zu dem Kцnige geheim nach seinem Mut;
Er sprach: “Ich muss wohl trauern, dass ihr die Hofreise tut.” (1562)
Er war geheiЯen Rumolt, ein Degen auserkannt.
Er sprach: “Wem wollt ihr lassen die Leute und das Land?
Dass niemand doch euch Recken wenden mag den Mut!
Die Mдre Kriemhildens dдuchte mich niemals gut.” (1563)
“Das Land sei dir befohlen und auch mein Sцhnelein,
Und diene wohl den Frauen: Das ist der Wille mein;
Wen du weinen siehest, dem trцste Herz und Sinn:
Es wird uns nichts zu Leide Kriemhilde tun, die Kцnigin.” (1564)
Die Rosse standen fertig den Kцngen und dem Bann:
Mit minniglichem Kusse schied da mancher Mann,
Dem noch in hohem Mute prangte Seel und Leib:
Das musste bald beweinen manches waidliche Weib. (1565)
Als man die schnellen Recken sah zu den Rossen gehn,
Fand man viel der Frauen in hoher Trauer stehn.
Dass sie auf ewig schieden sagt' ihnen wohl der Mut:
In groЯem Schaden kommen, das tut niemanden gut. (1566)
Die schnellen Burgonden begannen ihren Zug:
Da ward im ganzen Lande das Treiben groЯ genug;
Beiderseits der Berge weinte Weib und Mann.
Wie auch das Volk gebahrte, sie fuhren frцhlich hindann. (1567)
Niblungens Helden zogen mit ihnen aus
In tausend Halsbergen: Die hatten dort zu Haus
Viel schцne Fraun gelassen und sahn sie nimmermehr.
Siegfriedens Wunden, die schmerzten Kriemhilden sehr. (1568)
Da lenken mit der Reise auf dem Mainstrom an
Hinauf durch Ostfranken die in Gunthers Bann.
Hagen war ihr Fьhrer, der war da wohlbekannt;
Ihr Marschall war Dankwart, der Held von Burgundenland. (1569)
Da sie von Ostfranken nach Schwanefelde ritten,
Da konnte man sie kennen an den stolzen Sitten,
Die Fьrsten und die Freunde, die Helden lobesam!
An dem zwцlften Morgen der Kцnig an die Donau kam. (1570)
Es ritt von Tronje Hagen den andern all zuvor;
Er hielt den Nibelungen wohl den Mut empor.
Da schwang der kьhne Degen sich nieder auf den Sand,
Wo er sein Ross in Eile fest an einem Baume band. (1571)
Die Flut war ausgetreten, die Schiff' verborgen:
Die Nibelungen kamen in groЯe Sorgen
Wie sie hinьber sollten? Das Wasser war zu breit.
Da schwang sich zu der Erde mancher Ritter allbereit. (1572)
“Ьbel,” sprach da Hagen, “mag dir hier geschehn,
Kцnig an dem Rheine: Du magst es selber sehn,
Das Wasser ist ergossen, zu stark ist keine Flut;
Ich fьrchte wir verlieren noch heute manchen Recken gut.” (1573)
“Hagen, was verweis't ihr mit?”, sprach der Kцnig hehr,
“Um eurer Tugend willen, erschreckt uns nicht noch mehr.
Ihr sollt die Furt uns suchen hinьber in das Land,
Dass wir von hinnen bringen beides Ross und Gewand.” (1574)
“Mir ist ja noch,” sprach Hagen, “mein Leben nicht so leid,
Dass ich mich mцcht ertrдnken in diesen Wellen breit:
Es soll von meinen Hдnden ersterben mancher Mann
In Kцnig Etzels Landen; wozu ich gute Lust gewann. (1575)
“Bleibet bei dem Wasser, ihr stolzen Ritter gut.
Ich selber will die Fergen suchen bei der Flut,
Die uns hinьberbringen in Gelfratens Land.”
Da nahm der starke Hagen seinen guten Schildesrand. (1576)
Er war wohl gewaffnet: Den Schild er mit sich trug,
Den Helm aufgebunden: Der glдnzte licht genug;
Ьberm Harnisch fьhrt' er eine breite Waffe mit,
Die an beiden Schдrfen aufs allergrimmigste schnitt. (1577)
Er suchte hin und wieder nach einem Schiffersmann.
Er hцrte Wasser gieЯen: Zu lauschen hub er an:
In einem schцnen Brunnen tat das manch weises Weib;
Die wollten sich da kьhlen und badeten ihren Leib. (1578)
Hagen sie gewahrend wollt ihnen heimlich nahn:
Sie stьrzten in die Wellen, als sie sich des versahn.
Dass sie ihm so entrannen des freuten sie sich sehr;
Da nahm er ihre Kleider und schadet' ihnen nicht mehr. (1579)
Da sprach das eine Meerweib, Habburg war sie genannt:
“Hagen, edler Ritter, wir machen euch bekannt,
Wenn ihr uns zum Lohne die Kleider wiedergebt,
Was ihr bei den Heunen auf dieser Hoffahrt erlebt.” (1580)
Sie schwebten wie die Vцgel vor ihm auf der Flut.
Den Helden dдcht ihr Wissen von den Dingen gut:
Da glaubt' er um so lieber was sie ihm wollten sagen.
Sie beschieden ihn darьber was er begann sie zu fragen: (1581)
Sie sprach: “Ihr mцgt wohl reiten in Kцnig Etzels Land;
Ich setz euch meine Treue dafьr zum Unterpfand:
Es fuhren niemals Helden noch in ein fremdes Reich
Zu solchen hohen Ehren, in Wahrheit, das sag ich euch.” (1582)
Die Rede freute Hagen in seinem Herzen sehr;
Die Kleider gab er ihnen und sдumte sich nicht mehr.
Als sie umgeschlagen hatten ihr wunderbar Gewand,
Vernahm er erst die Wahrheit von der Fahrt in Etzels Land. (1583)
Da sprach das andre Meerweib mit Namen Siegelind:
“Ich will dich warnen, Hagen, Aldrianens Kind.
Es hat der Kleider willen meine Muhm gelogen:
Und kommst du zu den Heunen, so bist du schmдhlich betrogen. (1584)
“Wieder umzukehren, wohl wдr es an der Zeit,
Dieweil ihr kьhnen Helden also geladen seid,
Dass ihr mьsst ersterben in Kцnig Etzels Land:
Die da hinreiten, haben den Tod an der Hand.” (1585)
Da sprach wieder Hagen: “Ihr trьgt mich ohne Not:
Wie sollte das sich fьgen, dass wir alle tot
Bei den Heunen blieben durch jemandes Groll?”
Da sagten sie dem Degen die Mдre deutlich und voll. (1586)
Da sprach die eine wieder: “Wohl muss es so geschehn:
Keiner von euch Degen wird die Heimat wieder sehn
Als der Kaplan des Kцnigs, das ist uns wohl bekannt,
Der kommt geborgen wieder heim in Kцnig Gunthers Land.” (1587)
Da sprach mit grimmem Mute der kьhne Recke Hagen:
“Das lieЯen meine Herren schwerlich sich sagen,
Dass wir bei den Heunen verlцren all den Leib:
Nun zeig uns ьbers Wasser, du allerweisestes Weib.” (1588)
Sie sprach: “Willst du nicht anders und soll die Fahrt geschehn,
So siebst du ьberm Wasser eine Herberge stehn:
Darinnen wohnt ein Fдhrmann und nirgend sonst umher.”
Der Mдr, um die er fragte, glaubte nun der Degen hehr. (1589)
Dem unmutsvollen Recken rief noch die eine nach:
“Nun wartet, Herr Hagen, euch ist gar zu jach;
Vernehmet erst die Kunde wie ihr kommt durch das Land.
Der Herr dieser Marke, der ist Else genannt. (1590)
Sein Bruder ist geheiЯen Gelfrat der Held,
Ein Herr im Bayerlande: Nicht so leicht es hдlt,
Wollt ihr durch seine Marke: Ihr mцgt euch wohl bewahren,
Und sollt auch mit dem Fergen gar bescheidentlich verfahren. (1591)
Der ist so grimmes Mutes, er lдsst euch nicht gedeihn,
Wollt ihr nicht verstдndig bei dem Helden sein.
Soll er euch ьber holen, so gebt ihm guten Sold;
Er hьtet dieses Land und ist Gelfraten hold. (1592)
Und kommt er nicht bei Zeiten, so ruft ьber Flut,
Und sagt, ihr heiЯet Amelrich; das war ein Degen gut,
Der seiner Feinde willen rдumte dieses Land:
So wird der Fдhrmann kommen, wird ihm der Name bekannt.” (1593)
Der ьbermьtge Hagen dankte den Frauen hehr.
Der Degen schwieg stille, kein Wцrtlein sprach er mehr;
Dann ging er bei dem Wasser hinauf an dem Strand,
Wo er auf jener Seite eine Herberge fand. (1594)
Laut begann zu rufen der Degen ьber Flut:
“Nun hol mich ьber, Ferge,” sprach der Degen gut,
“So geb ich dir zum Lohne eine Spange goldesrot;
Mir tut das Ьberfahren, das wisse, in Wahrheit Not.” (1595)
Es brauchte nicht zu dienen der reiche Schiffersmann,
Lohn nahm er selten von jemanden an;
Auch waren seine Knechte zumal von stolzem Mut.
Noch immer stand Hagen auf dieser Seite der Flut. (1596)
Da rief er so gewaltig, der ganze Strom erscholl
Von des Helden Stдrke, die war so groЯ und voll:
“Mich Amelrich hol ьber; ich bin es, Elses Mann,
Der starker Feindschaft wegen aus diesen Landen entrann.” (1597)
Hoch an seinem Schwerte er ihm die Spange bot;
Die war schцn und glдnzte von lichtem Golde rot,
Dass man ihn ьberbrдchte in Gelfratens Land.
Der ьbermьtge Ferge nahm selbst das Ruder in die Hand. (1598)
Derselbe Schiffmann hatte neulich erst gefreit.
Die Gier nach groЯem Gute oft bцses Ende leiht:
Er dachte zu verdienen Hagens Gold so rot;
Da litt er von dem Degen den schwertgrimmigen Tod. (1599)
Der Fдhrmann fuhr gewaltig hinьber an den Strand.
Den er nennen hцrte, als er den nicht fand,
Da hub er an zu zьrnen: Als er Hagen sah
Mit grimmen Ungestьme zu dem Helden sprach er da: (1600)
“Ihr mцgt wohl sein geheiЯen mit Namen Amelrich:
Doch gleicht ihr dem mitnichten, des ich versehen mich.
Von Vater und Mutter war er der Bruder mein:
Nun ihr mich betrogen habt, so mьsst ihr dieshalben sein.” (1601)
“Nein! Um Gottes willen,” sprach Hagen dagegen,
“Ich bin ein fremder Ritter, besorgt um andre Degen:
Nun nehmt, den ich geboten, freundlich hin den Sold
Und fahret uns hinьber: Ich bin euch wahrhaftig hold.” (1602)
Da sprach der Fдhrmann wieder: “Das kann nun nicht sein.
Viel Feinde haben die lieben Herren mein:
Drum fahr ich keinen Fremden hinьber in das Land;
Wenn euch das Leben lieb ist, so tretet aus an den Strand.” (1603)
“Nein, tut das nicht,” sprach Hagen, “traurig ist mein Mut;
Nehmt von mir zum Lohne die goldne Spange gut,
Und fahrt uns ьber, tausend Ross und auch so manchen Mann.”
Da sprach der grimme Fдhrmann: “Das wird nimmer getan.” (1604)
Er hob ein starkes Ruder, das war groЯ und breit,
Und schlug es auf Hagen; dem tat es solches Leid,
Dass er im Schiffe nieder strauchelt' auf das Knie.
Solchen grimmen Fдhrmann fand der von Tronje noch nie. (1605)
Noch stдrker zu erzьrnen den kьhnen Fremdling, schwang
Er seine Ruderstange, dass sie ganz zersprang,
Auf das Haupt dem Hagen; er war ein starker Mann;
Davon Elses Ferge bald groЯen Schaden gewann. (1606)
Mit grimmigem Mute griff Hagen gleich zur Hand
Zur Seite nach der Scheide, wo er eine Waffe fand:
Er schlug das Haupt vom Rumpf ihm und warf es auf den Grund.
Bald macht' er diese Mдren auch den Burgonden kund. (1607)
Im selben Augenblicke, als er den Fдhrmann schlug,
Glitt das Schiff zur Strцmung; das war ihm leid genug.
Eh er es richten konnte, fiel ihn Ermьdung an:
Da zeigte groЯe Krдfte Kцnig Gunthers Untertan. (1608)
Er versucht' es umzukehren mit schnellem Ruderschlag.
Bis ihm das starke Ruder in der Hand zerbrach.
Er wollte zu den Recken sich wenden an den Strand;
Da hat er keines weiter: Wie bald er es zusammen band. (1609)
Mit seinem Schildriemen! Einer Borte schmal.
Da kehrt' er nach dem Walde das Schifflein zu Tal.
Da fand er seine Herren harren an dem Strand;
Es gingen ihm entgegen viel der Degen auserkannt. (1610)
Mit GruЯ ihn wohl empfingen die schnellen Ritter gut:
Sie sahen in dem Schiffe rauchen noch das Blut
Von einer starken Wunde, die er dem Fergen schlug:
Da ward darnach Degen Hagen ausgefragt genug. (1611)
Als der Kцnig Gunther das heiЯe Blut ersah
In dem Schiffe schwimmen, wie bald sprach er da:
“Wo ist denn, Herr Hagen, der Fдhrmann hingekommen?
Eure starken Krдfte haben ihm wohl das Leben benommen.” (1612)
Er sprach mit Lьgenworten: “Als ich das Schifflein fand
Bei einer wilden Weide, da lцs't es meine Hand:
Ich habe keinen Fergen heute hier gesehn,
Es ist auch niemand Leides von meinetwegen geschehn.” (1613)
Da sprach von Burgonden der Degen Gernot:
“Heute muss ich bangen um lieber Freunde Tod,
Da wir keinen Schiffmann hier am Strome sehn:
Wie wir hinьber kommen, darob muss ich in Sorgen stehn.” (1614)
Laut rief da Hagen: “Legt auf den Boden her,
Ihr Knechte, das Gerдte: Ich war, gedenkt mir, mehr
Der allerbeste Ferge, den man am Rheine fand:
Ich bring euch hinьber gar wohl in Gelfratens Land.” (1615)
Dass sie desto schneller kдmen ьber Flut,
Banden sie die Mдhren an; ihr Schwimmen ward so gut,
Dass ihnen auch nicht eines die starke Flut benahm.
Einge trieben ferner, als Ermьdung ihnen kam. (1616)
* Das Schiff war ungefьge, stark und weit genug:
Fьnfhundert oder drьber es leicht auf einmal trug
Ihres Volks mit Speise und Waffen ьber Flut:
Am Ruder musste ziehen des Tages mancher Ritter gut. (1617)
Sie trugen zu dem Schiffe ihr Gold und auch den Staat,
Da sie der Hofreise nicht wollten haben Rat.
Hagen fuhr sie ьber; da bracht er an den Strand
Manchen zieren Recken in das unbekannte Land. (1618)
Zum ersten bracht er ьber tausend Ritter hehr,
Dazu auch seine Recken; dann kamen ihrer mehr,
Neuntausend Knechte, die bracht er an das Land:
Das Tages war unmьЯig des kьhnen Tronejers Hand. (1619)
Da er sie wohlgeborgen brachte ьber Flut,
Da gedachte jener Mдre der schnelle Degen gut,
Die ihm verkьndet hatte das wilde Meerweib:
Dem Kaplan des Kцnigs gings schier an Leben und Leib (1620)
Bei seinem Weihgerдte er den Pfaffen fand
Auf dem Heiligtume sich stьtzend mit der Hand:
Das kam ihm nicht zu Gute, als Hagen ihn ersah;
Der gottverlassne Priester, viel Beschwerde litt er da. (1621)
Er schwang ihn aus dem Schiffe mit eilender Gewalt.
Da riefen ihrer viele: “Halt! Herr Hagen, halt!”
Geiselher der junge hub zu zьrnen an;
Er wollt es doch nicht lassen bis er ihm Leides getan. (1622)
Da sprach von Burgonden der Degen Gernot:
“Was hilft euch nun, Herr Hagen, des Kaplanes Tod?
Tat dies anders jemand, es sollt ihm werden leid:
Was verschuldete der Priester, dass ihr so wider ihn seid?” (1623)
Der Pfaffe schwamm und Krдften; er hoffte zu entgehn,
Wenn ihm nur jemand hilfe: Das konnte nicht geschehn,
Denn der starke Hagen, gar zornig war sein Mut,
StieЯ ihn zu Grunde wieder: Das dдuchte niemanden gut. (1624)
Als der arme Pfaffe hier keine Hilfe sah,
Da kehrt' er sich zurьcke; Beschwerde litt er da.
Ob er nicht schwimmen konnte, doch half ihm Gottes Hand,
Dass er wohlgeborgen hinwieder kam an das Land. (1625)
Da stand der arme Priester und schьttelte sein Kleid.
Daran erkannte Hagen, ihm habe Wahrheit
Unmeidliche, verkьndet das wilde Meerweib.
Er dachte: “Diese Degen verlieren Leben und Leib.” (1626)
Als sie das Schiff entladen und weggetragen dann
Was darauf besessen der dreien Fьrsten Bann,
Schlug Hagen es in Stьcke und warf es in die Flut:
Das wunderte gewaltig die Recken edel und gut. (1627)
“Was tut ihr das, Bruder?”, sprach da Dankwart,
“Wie sollen wir hinьber bei unsrer Wiederfahrt,
Wenn wir von den Heunen reiten an den Rhein?”
Hernach sagt' ihm Hagen, das kцnne nimmermehr sein. (1628)
Da sprach von Tronje Hagen: “Ich tat es mit Bedacht:
Wenn wir einen Feigen in dieses Land gebracht,
Der uns entrinnen mцchte in seines Herzens Not,
Dass er an diesen Wogen finde schmдhlichen Tod.” (1629)
* Als der Kaplan des Kцnigs das Schiff zerschlagen sah,
Ьber das Wasser zu Hagen sprach er da:
“Mцrder ohne Treue, was hat ich euch getan,
Dass mich unschuldgen Pfaffen euer Herz zu ertrдnken sann?” (1630)
* Zur Antwort gab ihm Hagen: “Die Rede lasst beiseit:
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