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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

” (1309)

Sie hatte noch Geschmeide, um das zu Siegfrieds Zeit
Sie um die Wette ritten, dass sie mit mancher Maid
Mit Ehren reisen mochte, so sie wollt hindann.
Hei! Was man guter Sдttel den schцnen Frauen gewann! (1310)

Wenn sie je zum Feste trugen reich Gewand,
So war des zur Reise die Fьlle nun zur Hand,
Weil ihnen von dem Kцnige so viel gerьhmet ward;
Sie nahmen aus den Kisten was sie da lange gespart. (1311)

Sie waren sehr geschдftig wohl fьnftehalben Tag;
Sie suchten aus der Lade soviel darinnen lag.
Ihre Kammer zu erschlieЯen, hub da Kriemhild an;
Sie gedachte reich zu machen all die in Rьdigers Bann. (1312)

Sie hatten noch des Goldes vom Nibelungenland:
Das sollte bei den Heunen verteilen ihre Hand.
Es mochten hundert Mдuler es nicht von dannen tragen.
Die Mдre hцrte Hagen da von Kriemhilden sagen. (1313)

Er sprach: “Mir wird Kriemhilde doch nimmer wieder hold:
So muss auch hier verbleiben Siegfriedens Gold.
Wie lieЯ ich meinen Feinden wohl so groЯes Gut?
Ich weiЯ wohl was Kriemhilde mit diesem Schatzte noch tut: (1314)

Wenn sie ihn hinnen brдchte, so weiЯ ich sicherlich,
Sie wьrd ihn nur verteilen zu werben wider mich.
Sie bat auch nicht die Rosse um ihn hinweg zu tragen;
Behalten will ihn Hagen, das soll man Kriemhilden sagen.” (1315)

Als sie vernahm die Mдre, das schuf ihr grimme Pein.
Es ward auch den Kцnigen kund allen drein;
Sie gedachten es zu wenden. Als das nicht geschah,
Wie sprach mit frohem Mute der edle Rьdiger da: (1316)

“Reiche Kцnigstochter, was klagt ihr um das Gold?
Euch ist Kцnig Etzel so geneigt und hold,
Ersehn euch seine Augen, er gibt euch solchen Hort,
Dass ihr ihn nie verschwendet; das verbьrgt euch mein Wort.” (1317)

Da sprach die Kцnigswitwe: “Viel edler Rьdiger,
Nie eine Kцnigstochter gewann der Schдtze mehr
Als die deren Hagen mich ohne hat getan.”
Da kam ihr Bruder Gernot zu ihrer Kammer heran. (1318)

Er stieЯ des Kцnigs Schlьssel gewaltsam in die Tьr.
Frau Kriemhildens Schдtze brachte man herfьr,
An dreiЯigtausend Marken oder wohl noch mehr,
Dass es die Gдste nдhmen: Des freute sich Gunther sehr. (1319)

Da sprach von Bechlaren der Gotelinde Mann:
“Und gehцrten all die Schдtze noch Kriemhilden an,
Die man jemals brachte von Nibelungenland,
Sie sollte nie berьhren mein noch der Kцnigin Hand (1320)

Lasst es aufbewahren, da ichs nicht haben mag:
Man fьhrt uns noch von Hause so viel des meinen nach.
Wir mцgens unterweges entraten wohl mit Fug:
Was auch die Reise koste, wir haben alles genug.” (1321)

Zu allen Zeiten hatten ihre Mдgdelein
Des allerbesten Goldes, das irgend mochte sein,
Zwцlf gefьllte Kisten: Das fьhrten sie hindann,
Und viel der Frauenzierde, die man zur Reise gewann. (1322)

Die Macht des grimmen Hagen bedдuchte sie zu stark.
Des Opfergoldes hatte sie wohl noch tausend Mark;
Das gab sie fьr die Seele von ihrem lieben Mann.
Das dдuchte Rьdigeren mit groЯer Treue getan. (1323)

Da sprach die reiche Kцnigin: “Wo sind die Freunde mein,
Die meiner Liebe willen im Elend wollen sein?
Die sollen mit mir reiten in der Heunen Land:
Sie nehmen meines Goldes und kaufen Ross und Gewand.” (1324)

Da sprach zur Kцnigstochter der Markgraf Eckewart:
“Seit ich als Ingesinde an euch gewiesen ward,
Hab ich euch immer treulich gedient,” sprach der Degen,
“Und will bis an mein Ende des Gleichen immer bei euch pflegen. (1325)

Ich will auch mit mir fьhren fьnfhundert Mann,
Die biet ich euch zu Dienste mit rechten Treuen an:
Wir bleiben ungeschieden, es tu es denn der Tod.”
Der Rede dankt' ihm Kriemhild, es zwang sie wahrhafte Not. (1326)

Da brachte man die Rosse: Sie wollten aus dem Land.
Wohl huben an zu weinen die Freunde all zur Hand.
Ute die reiche und manche schцne Maid
Bezeigten, wie sie trugen um Frau Kriemhilde Leid. (1327)

Hundert reicher Mдgdelein zogen in ihrer Schar;
Sie wurden so gekleidet wie's ihnen ziemend war.
Da fielen ihnen Trдnen aus lichten Augen nieder;
Manche Freud erlebte sie auch bei Kцnig Etzel wieder. (1328)

Da kam der Herre Geiselher und auch Gerenot
Mit ihrem Heergesinde, wie ihnen Treu gebot:
Sie wollten ihre Schwester begleiten durch das Land;
Sie fьhrten im Gefolge wohl tausend Degen auserkannt. (1329)

Da kam der schnelle Gere und auch Ortewein;
Rumolt der Kьchenmeister, der lieЯ sie nicht allein.
Sie schufen ihr Herbergen bis an der Donau Strand;
Vor der Stadt schon hatte sich Kцnig Gunther gewandt. (1330)

Eh sie vom Rheine fuhren wurden vorausgesandt
Ihre schnellen Boten in der Heunen Land,
Dem Kцnige zu sagen, dass ihm Rьdiger
Zum Gemahl geworben die edle Kцnigin hehr. (1331)

* Die Boten fuhren schnelle; Eil war ihnen Not
Um die groЯe Ehre und das reiche Botenbrot.
Als sie mit ihren Mдren waren heimgekommen,
Da hatte Kцnig Etzel so Liebes selten vernommen. (1332)

* Der lieben Mдre willen lieЯ der Kцnig geben
Den Boten solche Gaben, dass sie wohl mochten leben
Immerdar in Freuden hernach bis an den Tod.
Mit Wonne war verschwunden des Kцnigs Kummer und Not. (1333)



21. Abenteuer
Wie Kriemhilde zu den Heunen fuhr


Die Boten lasst reiten, so tun wir euch bekannt,
Wie die Kцnigstochter fuhr durch das Land,
Und wo sich von ihr schieden Geiselher und Gernot;
Sie hatten ihr gedienet wie ihre Treue gebot. (1334)

Sie kamen nach Veringen, der Donau nah, geritten;
Sie begannen um den Urlaub die Kцnigin zu bitten,
Weil sie wieder reiten wollten an den Rhein;
Da mocht es ohne Weinen von guten Freunden nicht sein. (1335)

Geiselher der schnelle sprach zu der Schwester sein:
“Fraue, wenn du jemals bedьrfen solltest mein,
Was immer dich gefдhrde, so mach es mir bekannt,
Dann reit ich dir zu dienen hin in Kцnig Etzels Land.” (1336)

Die Verwandten alle kьssten sie an den Mund.
Minniglich sich scheiden sah man da zur Stund
Von Kriemhildens Freunden die in Rьdgers Bann.
Da zogen mit der Kцnigin viel Mдgdelein wohlgetan, (1337)

Hundert und viere; sie trugen herrlich Kleid
Von reichen bunten Zeuchen; viel der Schilde breit
Fьhrte man der Fraue nach auf ihren Wegen.
Da wandte sich von dannen gar mancher herrliche Degen. (1338)

So zogen sie in Eile hinab durch Bayerland.
Da brachte man die Mдre: Viel Gдste unbekannt
Kдmen angeritten. Wo noch ein Kloster steht
Und der Inn mit Brausen in die Donau nieder geht, (1339)

In der Stadt zu Passau, da saЯ ein Bischof.
Leer wurden Herbergen und des Fьrsten Hof:
Sie wanden sich in Eile hinauf durch Bayerland,
Wo der Bischof Pilgerin die schцne Kriemhilde fand. (1340)

Den Recken von dem Lande war es nicht zu leid,
Als sie ihr folgen sahen so manche schцne Maid;
Da kos'ten sie mit Augen manch edeln Ritters Kind.
Gute Herbergen schuf man den Gдsten geschwind. (1341)

* Dort zu Plдdelingen schuf man ihnen Ruh;
Das Volk allenthalben ritt auf sie zu.
Man gab, was sie bedurften, williglich und froh:
Sie nahmen es mit Ehren; so tat man bald auch anderswo. (1342)

Der Bischof mit seiner Nichte ritt auf Passau an.
Als das den Bьrgern der Stadt war kundgetan,
Das Schwesterkind des Fьrsten, Kriemhilde wolle kommen,
Da ward sie wohl mit Ehren von den Kaufherrn aufgenommen. (1343)

Als der Bischof wдhnte, sie werde da bestehn,
Sprach Eckewart der Degen: “Wie mцchte das geschehn?
Wir mьssen weiter ziehen in Rьdigers Land:
Viel Degen harren unser: ihnen allen ists bekannt.” (1344)

Nun wusste wohl die Mдre die schцne Gotelind;
Sie rьstete sich fleiЯig und auch ihr edel Kind.
Ihr hat entboten Rьdiger, ihn bedьnk es gut,
Wenn sie der Kцnigstochter damit trцste den Mut, (1345)

Und ihr entgegenreite mit seinem ganzen Bann
Hinauf zu der Ense. Als man das begann,
Da sah man allenthalben gefьllt die StraЯen stehn:
Sie wollten ihren Gдsten entgegen reiten und gehn. (1346)

Da war nach Efferdingen die Kцnigin gekommen.
Man hat im Bayerlande von Schдchern viel vernommen,
Die auf den StraЯen raubten wie ihre Sitte war:
Vielleicht hдtt auch die Gдste beschдdigt dieser Rдuber Schar. (1347)

Dem ward wohl widerstanden von dem Markgrafen hehr:
Er fьhrte tausend Ritter oder wohl noch mehr.
Da kam auch Gotelinde, Rьdigers Gemahl,
Mit ihr im stolzen Zuge gute Recken ohne Zahl, (1348)

Sie kamen ьber die Traune bei Ens auf das Feld:
Da sah man aufgeschlagen Hьtten und Gezelt,
Dass zur Nacht die Gдste fдnden gute Ruh.
Fьr ihre Kost zu sorgen kam dem Markgrafen zu. (1349)

Von den Herbergen ritt ihnen entgegen
Die schцne Gotelinde. Da zogen auf den Wegen
Mit klingenden Zдumen viel Pferde wohlgetan.
Sie wurden schцn empfangen; lieb tat man Rьdigern daran. (1350)

Die sie zu beiden Seiten empfingen auf den Wegen
Mit kunstvollen Reiten, das waren viel der Degen.
Sie ьbten Ritterspiele; das sah da manche Maid.
Der Ritterdienst der Degen war der Kцnigin nicht leid. (1351)

Als zu den Gдsten kamen die in Rьdgers Lehn,
Sah man der Schaftsplitter viel in die Lьfte gehn
Von der Recken Hдnden nach ritterlichen Sitten.
Da wurde wohl zu Danke vor der Frauen geritten. (1352)

Sie lieЯen es bewenden. Da grьЯte mancher Mann
Freundlich den andern. Nun fьhrten sie heran
Die schцne Gotelinde, wo sie Kriemhild sah.
Wer Frauen dienen konnte hatte wenig MuЯe da. (1353)

Der Vogt von Bechelaren ritt zu Gotlinden hin.
Wenig Kummer schuf es der edeln Markgrдfin,
Dass er so wohl geborgen vom Rheine war gekommen;
Ihr war die meiste Sorge durch groЯe Freude benommen. (1354)

Als sie ihn hat empfangen, lieЯ er sie auf das Feld
Mit den Frauen steigen, die sich zu ihr gesellt.
Da zeigte sich geschдftig mancher edle Mann;
Den Frauen wurde Dienste mit groЯem FleiЯe getan. (1355)

Da sah Frau Kriemhilde die Markgrдfin stehn
Mit ihrem Ingesinde: Sie lieЯ nicht nдher gehn:
Sie zuckte mit dem Zaume das Ross, das sie trug,
Und lieЯ sich aus dem Sattel heben schleunig genug. (1356)

Den Bischof sah man fьhren seiner Schwester Kind,
Ihn und Eckewarten, hin zu Gotelind.
Es musste vor ihr weichen wer im Wege stund:
Da kьsste die Fremde Frau Gotlinden auf den Mund. (1357)

Da sprach mit holder Sitte Rьdigers Weib:
“Nun wohl mir, liebe Fraue, dass ich euern schцnen Leib
Hier in diesem Lande mit Augen durfte sehn!
Mir konnt in diesen Zeiten keine grцЯre Freude geschehn.” (1358)

“Nun lohn euch Gott,” sprach Kriemhild, “viel edle Gotelind
So ich gesund verbleibe mit Botelungens Kind,
Mag euch zu Gute kommen, dass ihr mich habt gesehn.”
Noch konnten sie nicht ahnen was spдter musste geschehn. (1359)

Mit GrьЯen zueinander ging da manche Maid.
Die Recken waren ihnen zu Diensten gern bereit.
Sie setzten nach dem GruЯe sich nieder auf den Klee:
Sie gewannen mancher Kunde, die ihnen fremd waren eh. (1360)

Man lieЯ den Frauen schenken. Es war am hohen Tag;
Das edle Ingesinde dort nicht lдnger lag:
Sie ritten bis sie sahen die breiten Hьtten stehn;
Da konnten groЯe Dienste den edeln Gдsten geschehn. (1361)

Sie pflagen bis zum Morgen ьber Nacht der Ruh.
Die von Bechelaren schickten sich dazu,
Dass man die werten Gдste wьrdiglich verpflag.
Gesorgt hatte Rьdiger, dass ihnen wenig gebrach. (1362)

Die Fenster an den Mauern traf man offen an,
Die Burg zu Bechelaren war mдchtig aufgetan.
Da zogen ein die Gдste, die man gerne sah;
Gute Rast schuf ihnen der edle Rьdiger da. (1363)

Mit ihrem Ingesinde die Tochter Rьdgers ging,
Dass sie die Kцnigfraue minniglich empfing.
Da war auch ihre Mutter, Rьdigers Gemahl:
Die Degen grьЯten gerne die Jungfrauen allzumal. (1364)

Sie fьgten ihre Hдnde in eins und gingen dann
In einen weiten Pallas, der war gar wohlgetan,
Vor dem die Donau unten die Flut vorьber goss.
Da saЯen sie im Freien und hatten Kurzweile groЯ. (1365)

Ich kann euch nicht bescheiden was noch mehr geschah.
Dass sie so eilen mьssten, darьber klagten da
Kriemhildens Recken; wohl war es ihnen leid.
Hei! Was ihnen guter Recken aus Bechlarn gaben Geleit! (1366)

Viel minnigliche Dienste Rьdger ihnen bot.
Da gab die Kцnigsfraue zwцlf Armspangen rot
Der Tochter Gotlindens und also gut Gewand,
Dass sie kein bessres brachte hin in Kцnig Etzels Land. (1367)

Obwohl ihr war benommen der Nibelungen Gold,
Alle die sie sahen machte sie sich hold
Noch mit dem kleinen Gute, das ihr ьbrig war;
Des Wirtes Ingesinde bot sie groЯe Gaben dar. (1368)

Da erwies auch Gotlinde den Gдsten von dem Rhein
Wieder so viel Ehre mit Gaben groЯ und klein,
Dass man dort der Fremden wohl selten einen fand,
Der nicht von ihr Gesteine trug oder herrlich Gewand. (1369)

Als man nach dem Imbiss fahren sollt hindann,
Ihre treuen Dienste bot die Hausfrau an
Mit minniglichen Worten Kцnig Etzels Weib.
Da wurde viel gekostet der schцnen Jungfraue Leib. (1370)

Da sprach sie zu der Kцnigin: “Dьnkt es euch nur gut,
So weiЯ ich dass es gerne mein lieber Vater tut,
Dass er mich zu euch sendet in der Heunen Land.”
Dass sie ihr treu gesinnt war, wie wohl das Kriemhilde fand! (1371)

Die Rosse kamen aufgezдumt vor Bechlaren an,
Als die edle Kцnigin Urlaub sich gewann
Von Rьdigers Weibe und der Tochter sein.
Da schieden auch mit GrьЯen viel der schцnen Mдgdelein. (1372)

Sie sahn einander selten hernach in vielen Tagen.
Da brachte man aus Medilik auf Hдnden getragen
Manch reiches GoldgefдЯe angefьllt mit Wein
Den Gдsten auf die StraЯe; sie sollten willkommen sein. (1373)

Ein Wirt war da gesessen, Astolt genannt,
Der wies sie die StraЯe ins Цsterreicherland
Gegen Mutaren an der Donau nieder:
Da wurde wohl gedienet der schцnen Kцnigin wieder. (1374)

Der Bischof mit Liebe von seiner Nichte schied.
Dass sie sich wohl gehabe, wie sehr er ihr das riet!
Und sich Ehr erwerbe wie Helke einst getan.
Hei! Was sie groЯer Ehren bald bei den Heunen gewann! (1375)

Nun kam der Zug der Gдste bei der Traisem an.
Ihr dienten sehr beflissen die in Rьdgers Bann
Bis man die Heunen-Degen sah reiten durch das Land:
Da ward der Kцnigsfraue viel groЯe Ehre bekannt. (1376)

Bei der Traisem hatte der Fьrst von Heunenland
Eine reiche Veste, im Lande wohlbekannt,
Mit Namen ZeiЯenmauer: Einst wohnte Helke da
Und pflag so hoher Tugenden als wohl nicht wieder geschah, (1377)

Es sei denn von Kriemhilden; die mochte gerne geben:
Sie durfte wohl die Freude nach ihrem Leid erleben,
Dass ihr Ehr erwiesen die in Etzels Bann,
Die sie bei den Helden in der Fьlle bald gewann. (1378)

Kцnig Etzels Herrschaft war so weit erkannt,
Dass man zu allen Zeiten an seinem Hofe fand
Die allerkьhnsten Recken, davon man je vernommen
Bei Christen oder Heiden; die waren all mit ihm gekommen. (1379)

Bei ihm war allerwegen, so sieht mans nimmermehr,
So echter Christenglauben als heidnischer Verkehr:
Wozu nach seiner Sitte sich auch ein jeder schlug,
Das schuf des Kцnigs Milde, man gab doch allen genug. (1380)



22. Abenteuer
Wie Kriemhilde bei den Heunen empfangen ward


Sie blieb zu ZeiЯenmauer bis an den vierten Tag,
Der Staub in den StraЯen derweil nicht ruhig lag:
Aufstob er allenthalben wie im hellen Brand.
Da ritten Etzels Leute durch das Цsterreicherland. (1381)

Es war dem Kцnig Etzel gemeldet in der Zeit,
Dass ihm vor Gedanken schwand sein altes Leid,
Wie herrlich Kriemhilde zцge durch das Land.
Hin eilte der Kцnig wo er die Minnigliche fand. (1382)

Von verschiednen Sprachen sah man auf den Wegen
Vor Kцnig Etzeln reiten viel der kьhnen Degen,
Von Christen und von Heiden manches weite Heer:
Als sie die Fraue fanden, sie zogen herrlich einher. (1383)

Von ReuЯen und von Griechen ritt da mancher Mann:
Der Pol' und der Wallache zog geschwind heran
Auf den guten Rossen, die sie krдftig ritten.
Da zeigte sich ein jeder in seinen heimischen Sitten. (1384)

Aus dem Land zu Kiew kam da mancher Mann
Und die wilden Peschenegen. Viele huben an
Und schossen nach den Vцgeln, die in den Lьften flogen;
Mit Krдften sie die Pfeile nach des Bogens Wдnden zogen. (1385)

Eine Stadt liegt an der Donau im Цsterreicherland,
Die ist geheiЯen Tulna. Da ward ihr erst bekannt
Manche fremde Sitte, die sie noch niemals sah.
Da empfingen sie viele, denen noch Leid von ihr geschah. (1386)

Es ritt dem Kцnig Etzel ein Ingesind voran,
Frцhlich und prдchtig, hцfisch und wohlgetan,
Vierundzwanzig Fьrsten, die waren reich und hehr:
Ihre Kцnigin zu schauen, sie begehrten sonst nichts mehr. (1387)

Ramung der Herzog aus Walachenland,
Mit siebenhundert Mannen kam er vor sie gerannt.
Gleich fliegenden Vцgeln sah man sie alle fahren;
Da kam der Fьrst Gibecke mit viel herrlichen Scharen. (1388)

Hornbog der schnelle ritt mit tausend Mann
Von des Kцnigs Seite zu seiner Fraun heran.
Ein lauter Ruf erschallte nach des Landes Sitten.
Von den Heunenfьrsten ward auch da herrlich geritten. (1389)

Da kam vom Dдnenlande der kьhne Hawart
Und Iring der schnelle, vor allem Falsch bewahrt;
Irnfried von Thьringen, ein waidlicher Mann:
Sie empfingen Kriemhilden, dass sie viel Ehre gewann, (1390)

Mit zwцlfhundert Mannen, die zдhlte ihre Schar.
Da kam der Degen Blцdel mit dreitausend gar,
Kцnig Etzels Bruder aus dem Heunenland;
Der kam im stolzen Zuge bis er die Kцnigin fand. (1391)

Da kam der Kцnig Etzel und Herr Dietrich
Mit seinen Helden allen; da sah man ritterlich
Manchen edeln Degen bieder und auch gut.
Davon ward Kriemhilden gar wohl getrцstet der Mut. (1392)

Da sprach zu der Kцnigin der Degen Rьdiger:
“Frau, ich will empfangen hier den Kцnig hehr.
Wen ich euch kьssen heiЯe, dem gцnnet GruЯ und Kuss:
Ihr kцnnt Etzels Recken nicht all empfahn mit gleichen GruЯ.” (1393)

Da hob man von der Mдhre die Kцnigstochter hehr.
Etzel der reiche, nicht sдumt er lдnger mehr:
Er schwang sich von dem Rosse noch mit manchem Mann;
Da kam er voll Freude zu Frau Kriemhilden heran. (1394)

Zwei gewaltge Fьrsten, das ist uns wohlbekannt,
Gingen bei der Frauen und trugen reich Gewand,
Als der Kцnig Etzel ihr entgegen ging
Und sie den edeln Fьrsten mit Kьssen gьtlich empfing. (1395)

Sie schob hinauf die Binden: Ihre Farbe wohlgetan
Erglдnzte aus dem Golde. Da sagte mancher Mann,
Helke kцnne schцner nicht gewesen sein.
Dabei stand in der Nдhe Etzels Bruder Blцdelein. (1396)

Den riet ihr zu kьssen Rьdger der Markgraf reich,
Und den Kцnig Gibecke, Dietrichen auch zugleich.
Zwцlf der Recken kьsste Etzels Kцnigin;
Da blickte sie mit GrьЯen noch zu manchem Ritter hin. (1397)

Wдhrend Kцnig Etzel bei Kriemhilden stand
Taten junge Degen wie Sitte noch im Land:
Schцne Waffenspiele wurden vor ihr geritten;
Das taten Christenhelden und Heiden nach ihren Sitten. (1398)

Wie ritterlich die Degen in Dietrichens Lehn
Die splitternden Schдfte in die Lьfte lieЯen gehn
Hoch ьber die Schilde, aus guter Ritter Hand!
Vor den deutschen Gдsten brach da mancher Schildesrand. (1399)

Von der Schдfte Brechen vernahm man lauten Schall.
Da waren aus dem Lande die Recken kommen all
Und auch des Kцnigs Gдste, so mancher edle Mann.
Da ging der reiche Kцnig mit Frau Kriemhilden hindann. (1400)

Sie fanden in der Nдhe ein herrliches Gezelt;
Von Hьtten war erfьllet rings das ganze Feld:
Da war nach den Beschwerden Rast fьr sie bereit.
Darunter sahn die Helden viel manche herrliche Maid (1401)

Bei des Kцnigs Weibe, als sie darnieder saЯ
Auf reichem Stuhlgewande; der Markgraf hatte das
So herrlich schaffen lassen, sie fanden schцn und gut
Das Gestьhl Kriemhildens: Des freute sich Etzels Mut. (1402)

Was da Etzel redete, das ist mir unbekannt:
In seiner Rechten ruhte ihre weiЯe Hand.
So saЯen sie in Minne, als Rьdiger der Degen
Dem Kцnig nicht gestattete Kriemhildens heimlich zu pflegen. (1403)

Da lieЯ man unterbleiben das Kampfspiel ьberall;
Mit Ehren ward beendet der laute Freudenschall.
Da gingen zu den Hьtten die in Etzels Bann;
Herberge wies man ihnen ringsum allenthalben an. (1404)

Der Tag war zu Ende, sie fanden Ruhe da
Bis man den lichten Morgen von neuem scheinen sah.
Da eilte zu den Rossen wieder mancher Mann:
Hei! Was man Kurzweile zu des Kцnigs Ehren begann! (1405)

Nach Wьrden es zu schaffen der Fьrst die Heunen bat.
Da ritten sie von Tulne nach Wien in die Stadt.
Da fand man hold gezieret mancher Frauen Leib;
Sie empfingen wohl mit Ehren des Kцniges Etzel Weib. (1406)

In Ьberfluss und Fьlle war da fьr sie bereit
Was jeder haben sollte: Viel Degen allbereit
Sahn froh dem Fest entgegen. Herbergen wies man an;
Die Hochzeit des Kцnigs mit hohen Freuden begann. (1407)

Man konnte sie nicht alle herbergen in der Stadt:
Die nicht Gдste waren, Rьdiger die bat
Dass sie Herberge nдhmen auf dem Land:
Wohl weiЯ ich, dass man immer den Kцnig bei Kriemhilden fand. (1408)

Dieterich der Degen und mancher andre Held,
Die hatten ihre MuЯe mit Arbeit eingestellt,
Damit sie ihren Gдsten trцsteten den Mut;
Rьdger und seine Freunde hatten Kurzweile gut. (1409)

Die Hochzeit war gefallen auf einen Pfingstentag,
Wo der Kцnig Etzel bei Kriemhilden lag
In der Stadt zu Wiene. Fьrwahr, so manchen Mann
Bei ihrem ersten Manne sie nicht zu Diensten gewann. (1410)

Durch Gabe ward sie manchem, der sie nicht kannte, kund.
Darьber zu den Gдsten hub mancher an zur Stund:
“Wir wдhnten Kriemhilden benommen sei ihr Gut,
Die doch mit ihren Gaben hier so groЯe Wunder tut.” (1411)

Diese Hochzeit wдhrte siebzehn Tage.
Wohl weiЯ ich, dass man nimmer von einem Kцnig sage,
Der solch ein Fest gehalten: Uns ist es unbekannt.
Alle die da waren, die trugen neues Gewand. (1412)

Sie sah sich nie bedienet vordem im Niederland
Von so manchem Degen; auch ist mir wohlbekannt,
War Siegfried reich an Gute, dass er doch nie gewann
So viel der edeln Recken, als Etzeln waren untertan. (1413)

Auch hat wohl nie ein Kцnig bei seiner Hochzeit
So manchen reichen Mantel gegeben, tief und weit,
Noch so gute Kleider als man hier gewann,
Die Kriemhildens willen alle wurden vertan. (1414)

Ihre Freunde wie die Gдste hatten einen Mut:
Sie wollten nichts verschonen und wдrs das beste Gut.
Was einer wьnschen mochte, man war dazu bereit;
Da stand wohl mancher Degen vor Milde bloЯ und ohne Kleid. (1415)

Wenn sie daran gedachte, wie sie am Rheine saЯ
Bei ihrem edeln Manne, ihre Augen wurden nass;
Doch musste sie's verhehlen, dass es niemand sah,
Da ihr nach manchem Leide so viel der Ehre geschah. (1416)

Was einer tat aus Milde, das war doch gar ein Wind
Gegen Dietrichen; was Botlungens Kind
Ihm gegeben hatte, das wurde gar verwandt;
Da tat auch groЯe Wunder des milden Rьdiger Hand. (1417)

Auch aus Ungerlande der Degen Blцdelein
LieЯ da ledig machen manchen Reiseschrein
Von Silber und von Golde: Das ward dahin gegeben.
Man sah des Kцnigs Helden so recht frцhlich alle leben. (1418)

Des Kцnigs Spielleute Werbel und Schwemmelein,
Wohl an tausend Marken nahm jedweder ein
Bei dem Hofgelage (oder mehr als das),
Als die schцne Kriemhild bei Etzeln unter Krone saЯ. (1419)

Am achtzehnten Morgen sie von Wiene ritten:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70


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